Die drei Hexen von Eisenholz - Teil 4
Die drei Hexen von Eisenholz – Teil 4: Schatten in der Erinnerung
4. November – 21:17 Uhr
Mein Name ist Marlene Weber, Kommissarin der Kriminalpolizei.
Ich bin nicht hier, weil ich an Hexen glaube.
Ich bin hier, weil in den letzten drei Monaten in Eisenholz drei Menschen spurlos verschwunden sind.
Die letzte Spur: ein zerfleddertes Kalenderblatt mit wirrem Text, gefunden im verlassenen Jagdhaus.
Ich weiß, dass dort etwas nicht stimmt.
22:03 Uhr
Das Dorf ist klein und schweigsam. Jeder schaut zu Boden, wenn ich frage.
„Die Hexen sind nur Geschichten“, sagen sie.
„Die Wälder sind gefährlich.“
„Bleib weg von den Spiegeln.“
Doch ich sehe sie.
Sie flüstern mir nach, wenn ich am Waldrand stehe.
Im Dorfarchiv finde ich alte Zeitungsartikel über unerklärliche Todesfälle: Menschen, die ohne Gesichter gefunden wurden, Menschen, die mit zugenähten Mündern starben.
Jemand hat die Fälle damals „Die verlorenen Gesichter“ genannt.
5. November – 01:45 Uhr
Ich träume von drei Frauen, die mir auf einem Moorweg begegnen.
Eine hat einen Kranz aus Dornen, die andere hält eine Schere, die dritte singt ein Lied, das meine Haut kribbeln lässt.
Ich wache auf und finde eine Notiz unter meiner Tür:
„Eisenholz vergisst nicht. Du bist jetzt ein Teil davon.“
Ich weiß nicht, wer sie geschrieben hat. Aber ich weiß, dass sie recht haben.
5. November – 03:22 Uhr
Ich kehre zum Jagdhaus zurück.
Die Luft ist dick und schwer.
Der Keller ist weg. Stattdessen eine Tür aus purem Spiegelglas.
Ich berühre die Oberfläche – sie ist kalt und doch lebendig.
Plötzlich höre ich ein Flüstern, direkt hinter mir:
„Willkommen zurück, Marlene.“
Ich drehe mich um. Doch da ist niemand. Nur mein Spiegelbild, das lächelt – aber es ist nicht mein Lächeln.
Letzter Eintrag
Ich schreibe das hier, falls ich es nicht schaffe, zu entkommen.
Die Hexen von Eisenholz sind nicht nur Legenden.
Sie sind Wächter eines uralten Geheimnisses.
Und sie wollen nicht, dass jemand es aufdeckt.
Aber ich werde bleiben.
Ich werde kämpfen.
Denn manche Wahrheiten sind es wert, mit Blut bezahlt zu werden.
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