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Schleife aus Selbstmord und Erwachen – Teil 2

Schleife aus Selbstmord und Erwachen – Teil 2 Ich stand mit zitternden Knien auf dem Rand des Daches, atmete schwer und wusste: Ich muss erneut springen. Nicht weil ich sterben will, sondern weil ich zurück muss. Weil die Welt zerbrochen ist und ich in jeder Wiederholung neu anfangen muss, in einer Schleife aus Fall und Wiederauferstehung. Ich wusste, was auf mich wartet – das kalte Warten unter der Brücke, der abgestorbene Betriebskeller, der schwarz glühende Tunnel, die flüsternden Schatten – aber ich war längst nicht mehr derselbe. Ich war die Angst, die gegessen und wieder ausgespuckt wurde. Ich war das Wiedererwarten. Als ich fiel, lief nichts so, wie ich es kannte. Kein Kreischen. Kein Aufschlag. Stattdessen ein Lufthauch, eine Ewigkeit in wenigen Sekunden. Und dann – starres Licht. Ein Gang aus gebrochenem Glas. Der Boden war glitschig. Jede Bewegung schmerzte, weil er keinen Halt gab, kein Echo. Ich schwebte über Schrunden, über tropfende Wände, über schwarzes Wasser, das mic...

Die drei Hexen von Eisenholz – Teil 7: Das Herz schlägt schwarz

  Die drei Hexen von Eisenholz – Teil 7: Das Herz schlägt schwarz Abschnitt 1 – Das Erwachen 8. November – 00:00 Uhr Ich bin der Wald geworden. Oder der Wald ist ich geworden. Es gibt keinen Unterschied mehr. Mein Herz schlägt nicht mehr – zumindest nicht so, wie ich es kannte. Es schlägt schwarz, dumpf, wie ein uraltes, verrostetes Uhrwerk, das in endlosen Schatten tickt. Über mir kreist die Nacht, dichter und schwerer als je zuvor. Die Sterne haben ihren Glanz verloren, als hätten sie Angst vor dem, was sich unter ihrem kalten Licht verbirgt. Die drei Hexen singen – ihr Gesang zerreißt die Luft wie scharfe Messer, die durch mein Fleisch schneiden. "Komm, Elias," flüstert eine Stimme, so alt wie der Wald selbst, "du bist unser Herzschlag, unser Atem, unser Ende." Ich will schreien, will rennen, doch meine Beine sind Wurzeln geworden, tief verwachsen in die schwarze Erde von Eisenholz. Die Dunkelheit kriecht durch meine Adern wie kaltes, fauliges Wasser...

Die Bibliothek des Verschwindens

  Die Bibliothek des Verschwindens Es war an einem regnerischen Novembertag, als ich zum ersten Mal vor dem Gebäude stand. Von außen wirkte die Bibliothek verlassen, ein archaisches Relikt aus einer anderen Zeit, dessen Fassaden von Moos und Schwermut überwuchert waren. Die Fenster waren getrübt, als hätten sie jahrzehntelang keinen Sonnenstrahl mehr durchgelassen, und die Eingangstür war aus schwerem, dunklem Holz, dessen Maserung sich wie Adern durch das Material zog. Der Geruch von altem Papier, Staub und etwas Unbestimmtem, das ich nicht einordnen konnte, schlug mir entgegen, als ich die Schwelle überschritt. Ich war auf der Suche nach einem besonderen Buch, einem Werk, das nicht einmal in den modernsten Archiven gelistet war. Doch was ich hier fand, war mehr als nur Literatur. Die Gänge der Bibliothek waren endlos. Sie schlängelten sich in alle Richtungen, als hätten sie kein Ziel, und die Regale türmten sich bedrohlich hoch auf, beladen mit Büchern, deren Einbände von ei...

Die drei Hexen von Eisenholz - Teil 6

  Die drei Hexen von Eisenholz – Teil 6: Das Herz des Waldes 7. November – 01:07 Uhr Ich habe das Gefühl, als würde Eisenholz selbst meinen Atem zählen. Seit ich zurück im Jagdhaus bin, hat sich etwas verändert. Der Wald schweigt nicht mehr. Er flüstert. Und nicht nur das: Er ruft. Ich spüre es tief in meinen Knochen – etwas, das unter der Erde schläft, tief, dunkler als jede Nacht. 7. November – 02:45 Uhr Ich habe die alte Karte des Waldes gefunden. Ein versteckter Pfad, kaum erkennbar, der direkt ins Herz von Eisenholz führt. Ich weiß, was dort wartet. Die Hexen nennen es „Das Herz des Waldes“ – eine uralte Quelle dunkler Macht, aus der sie ihre Kraft schöpfen. Wenn ich es zerstöre, könnte ich sie schwächen. Wenn ich scheitere, wird der Wald mich verschlingen. 7. November – 04:18 Uhr Ich habe mich entschieden. Morgen, wenn die Schatten lang sind und der Nebel über den Wurzeln liegt, gehe ich zum Herz des Waldes. Ich werde kämpfen. Für mich. Für Elias. Für alle...

Die Realität beginnt zu zerfallen! - Teil 2

  Die Realität beginnt zu zerfallen! 12. November – 03:38 Uhr Ich schreibe mit zitternden Händen, während die Welt um mich zerbröckelt wie vertrocknetes Lehm. Die Grenze zwischen dem Hier und dem Jenseits ist kaum noch spürbar. Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist. Für Sekunden scheint alles normal, dann… fällt die Schwerkraft aus, die Zeit stockt oder rennt rückwärts. Die Schatten übernehmen Sie sind nicht mehr nur an den Rändern. Sie sind mitten unter uns. Menschen verwandeln sich. Langsam. Zuerst ein falsches Blinzeln, dann ein verzerrtes Lächeln. Die Haut beginnt zu glänzen, als wäre sie aus Glas. Augen werden schwarz, leer, wie fensterlose Höhlen. Sie sprechen in Zungen, in Sprachen, die Knochen und Seele zerreißen. Mein Verstand zerreißt Manchmal höre ich meine Gedanken laut. Manchmal sprechen sie mit mir. Oder eher: Sie reden DURCH mich. Ich verliere mich in Sätzen, die ich nie gedacht habe. Visionen reißen mich in Stücke. Schatten greifen nach...

Die drei Hexen von Eisenholz - Teil 5

  Die drei Hexen von Eisenholz – Teil 5: Der Fluch der Erinnerungen 6. November – 00:47 Uhr Ich sitze in meinem kleinen Zimmer im Gasthaus, das einzige, was mir in diesem Dorf bleibt. Der Regen prasselt gegen die Fensterscheiben, doch draußen ist es still – zu still. Seit meiner Rückkehr zum Jagdhaus spüre ich, wie Eisenholz mich nicht mehr loslässt. Mein Körper ist müde, doch mein Geist rast. Manchmal sehe ich Schatten in den Ecken meines Blickfeldes. Ich drehe mich um – nichts. Aber ich weiß, dass sie da sind. 6. November – 02:31 Uhr Ich habe die alten Akten durchwühlt, die ich im Archiv fand. Jede verschwundene Person hatte eines gemeinsam: ein zerfetztes Tagebuch oder Notizen mit verstörenden Zeichnungen, in denen Hexen, Spiegel und Gesichter ohne Augen oder Mund auftauchen. Eine Seite fällt mir besonders ins Auge: „Wer seine Vergangenheit nicht bewahrt, verliert sein Gesicht – und wird zur Maske.“ Ich beginne zu verstehen, was Elias in seinem Tagebuch meinte. Die ...

Die Realität beginnt zu zerfallen!

Die Realität beginnt zu zerfallen! 12. November – 01:17 Uhr Ich weiß nicht mehr, ob das hier wirklich passiert oder ob ich schon irgendwo zwischen Wahnsinn und Tod feststecke. Die Welt um mich herum löst sich auf – Stück für Stück, wie ein altes Gemälde, dessen Farben verblassen und dessen Rahmen zerbricht. Es begann letzte Nacht, kurz nachdem ich Eisenholz verlassen hatte. Die erste Risse Zuerst sah ich sie kaum. Winzige Verzerrungen in der Luft. Ein Flimmern, als ob die Zeit selbst stockt. Dann verschwanden bekannte Straßenlampen. Das Licht brach nicht mehr – es schien einfach zu sterben. Menschen, die ich kannte, blieben plötzlich stehen, starrten ins Leere, als wären sie Marionetten ohne Fäden. Die Schatten bewegen sich Die Dunkelheit hat Form angenommen. Sie ist nicht mehr nur ein Mangel an Licht. Sie kriecht, schleift sich über Wände, windet sich in Ecken. Ich habe Dinge gesehen. Gesichter, die nicht sein sollten. Hände, die durch Türen greifen. Augen, die m...