Posts

Showing posts from July, 2025

Tagebuch eines Gebundenen

  Tagebuch eines Gebundenen Auszug aus dem gefundenen Buch der Schwarzdorn-Riten Datum: unbekannt. Nur das Blut zählt die Zeit. Tag 1 Ich habe meinen Namen vergessen. Oder sie haben ihn mir genommen. Sie sagen, Namen seien Fesseln der alten Welt. Jetzt nennen sie mich nur „Knochenheiler“. Aber ich heile nichts. Ich forme. Ich binde. Ich ziehe die Sehnen straff, bis sie wie Geigensaiten klingen. Heute war meine Weihe. Sie führten mich in den Kreis – nicht mit Worten, sondern mit Stahlhaken durch die Schulterblätter. Ich durfte nicht schreien. Schreien ist das alte Fleisch, sagten sie. Ich soll lernen, mit geschlossener Kehle zu leiden. Der Boden des Ritualraums war warm. Nicht von Feuer – sondern von der Haut derer, die darunter lagen. Der Boden lebt. Er atmet. Und wenn man lang genug stillsteht, wachsen dir Fingernägel aus den Spalten zu Füßen. Tag 4 Der erste Mensch wurde gebracht. Ein Mann, nackt, gefesselt – nein, genäht – mit seinen eigenen Sehnen. Sie hatten sie a...

Teil 5: Die Letzte Vorstellung

  Teil 5: Die Letzte Vorstellung Ich weiß nicht mehr, wie viele Tage vergangen sind. Vielleicht Wochen. Vielleicht… ich war nie wirklich draußen. Vielleicht war ich nie jemand anderes. Vielleicht war ich schon immer hier – in diesem Park, der lebt, der atmet, der mich liebt wie ein kaputtes Spielzeug. Ich bin aufgewacht mit Fäden in meiner Haut. Meine Augen haben eine andere Farbe. Meine Stimme klingt wie eine kaputte Spieluhr. Ich lache, ohne Grund. Und wenn ich weine, ist es Konfetti, das aus meinen Augen rieselt. Es gibt nur noch eine Attraktion. Das Zelt. Es steht am Ende der Welt. Dort, wo der Himmel reißt und das Karussellschreien leiser wird. Der Boden dort besteht nicht aus Erde – sondern aus Gesichtern. Tausende. Eingestampft, flach wie Fliesen. Einige bewegen sich noch. Ihre Münder öffnen sich in stummen Schreien. Ich ging. Weil ich musste. Weil er mich rief. Das Zelt ist rot-weiß, doch die Farben sind wie Fleisch – rot, weil es blutet, weiß, weil darunter Knochen...

Teil 4: Das Spiegellabyrinth

  Teil 4: Das Spiegellabyrinth Ich weiß nicht mehr, wie ich aus dem Krankenzimmer entkommen bin. Vielleicht bin ich nie wirklich dort gewesen. Vielleicht war es nur eine Erinnerung, eingepflanzt von… ihm . Der Clown. Er ist keine Person. Kein Mensch. Kein Ding. Er ist eine Idee. Eine Krankheit. Ein Echo im Dunkeln, das sich in deinem Kopf einnistet, bis du ihn überall siehst – in Spiegeln, in Schatten, in deinem eigenen Lächeln, das plötzlich nicht mehr aufhört. Ich folgte einem Gang aus zerschnittenen Luftballons. Sie klebten an den Wänden wie Haut. Ihre Oberfläche pulsiert noch. Als wäre da etwas Lebendiges darunter. Am Ende: eine Tür aus poliertem Metall. Darauf stand: "Lächeln ist Pflicht." Ich trat durch. Ein Spiegellabyrinth. Die Gänge eng. Alles kalt. Ich konnte mich sehen, überall. Doch keiner meiner Spiegelbilder bewegte sich wie ich. Manche blieben stehen, während ich ging. Andere fingen an zu tanzen. Und eines… weinte. Ich ging weiter. Das Licht flackerte....

Teil 3: Das Karussell, das nie stillsteht

  Teil 3: Das Karussell, das nie stillsteht Ich habe nicht geschlafen. Nicht, seit ich aus dem Puppenhaus entkommen bin. Wenn man es überhaupt entkommen nennen kann. Es hat mich gehen lassen. Mit Absicht. Wie etwas, das mit seinem Spielzeug fertig ist. Ich stolperte durch rostige Gänge, vorbei an Schädeln mit clownbemalten Wangen und mumifizierten Körpern, die wie Pappfiguren an die Wände genagelt waren. Überall hingen Lautsprecher, aus denen in Endlosschleife ein leises, kratziges Lachen drang – dasselbe Lachen wie in meinen Träumen. Ich trat durch einen schmalen Vorhang aus Kinderkleidung. Dahinter: Licht. Ein Karussell. Mitten in einer riesigen Halle aus schwarzem Blech. Die Decke war zu hoch, um sie zu sehen. Und das Karussell… es drehte sich. Ohne Musik. Ohne Pause. Immer nur dieses Knarren . Wie ein Atemholen. Wie Knochen, die sich drehen, aber nie brechen. Ich trat näher. Die Tiere waren keine Pferde. Eines sah aus wie ein Hund – nur mit zwei Mäulern, die statt Zähn...

Teil 2: Das Puppenhaus unter dem Park

  Teil 2: Das Puppenhaus unter dem Park Ich weiß nicht mehr, wie lange ich hier unten bin. Vielleicht Stunden. Vielleicht Tage. Ich schreibe das in ein zerfleddertes Notizbuch, das ich zwischen den Knochenhaufen unter dem Clownshaus gefunden habe. Wenn das jemand liest – geh nicht zum Park. Und wenn du gehst, geh nie allein. Ich wollte nur weg. Der Ausgang war verriegelt. Ich trat dagegen, riss an den Schlössern, schrie. Dann knirschte der Boden unter meinen Füßen, als würde Holz unter Wasser zerbrechen – und ich fiel. Nicht tief. Genug, um mir das Handgelenk zu verstauchen. Genug, um gefangen zu sein. Der Gang war kalt. Feucht. Und mit Wachsmalkreide bemalt. Strichmännchen mit weinenden Augen und aufgeschlitzten Mündern. Ein Kind malte das nicht. Oder… nicht mehr wie ein Kind. Am Ende des Gangs war eine Tür. Sie bestand aus Spiegelglas. Mein eigenes Spiegelbild sah aus, als würde es nicht gleichzeitig mit mir atmen. Ich öffnete sie. "Willkommen im Puppenhaus", flüstert...

Lächeln genügt - Eintritt frei

  "Lächeln genügt – Eintritt frei" Gefunden auf einem alten Tonbandgerät, in einer Mülltonne neben einem niedergebrannten Kirmesgelände in Norddeutschland. Die Stimme klingt brüchig, zittrig – nicht alt, sondern gebrochen. Die Polizei hat nie einen Besitzer zuordnen können. Der Park, auf den sich das Band bezieht, existiert laut offiziellen Unterlagen nicht. 🎧 Tonbandprotokoll – Beginn der Aufnahme „Ich weiß nicht, ob jemand das je hören wird. Aber wenn ja – wenn ihr das findet – geht nicht zum Freizeitpark hinter der Baumgrenze. Der mit dem verblassten Plakat. Der mit dem Clown drauf. Ich war da. Ich habe alles gesehen.“ 🎠 Kapitel 1: Der Eingang Ich war auf der Durchreise. Ländliche Straße, schlechte Navigation, kaum Empfang. Es war schon dämmrig, als ich die Abzweigung sah: Ein altes, verrostetes Schild mit krakeliger Schrift: "Freizeitpark Löwenlach – Eintritt frei, Lächeln genügt!" Ein Clown zierte das Schild. Nicht bunt. Nicht lustig. Sondern...

Der Mann hinter deinen Augen

  🕯️ „Der Mann hinter deinen Augen“ Eine psychologische Horror-Creepypasta, die dich nie wieder allein einschlafen lässt. 1. Die erste Lücke Ich war nie psychisch krank. Nicht in dem Sinne, wie es Ärzte definieren. Ich war vielleicht etwas überarbeitet, reizbar, habe schlecht geschlafen – aber wer tut das heute nicht? Es begann mit einem kurzen, harmlosen Moment. Ich sah mich im Badezimmerspiegel an, müde, leer, wie immer. Ich griff nach der Zahnbürste. Und dann – drei Sekunden lang – war mein Spiegelbild nicht da. Ein leerer Spiegel. Nur der Hintergrund. Kein Ich. Ich stand da, gefroren. Das Bild kehrte zurück, als wäre nichts passiert. Vielleicht war’s der Kreislauf. Oder Schlafmangel. Aber tief in mir wusste ich: Etwas hatte mich beobachtet . Von innen. 2. Der Mann in der Ecke In den Nächten darauf geschahen Dinge, die ich nicht beschreiben kann, ohne dass sich meine Hände verkrampfen. Ich begann, in den Schatten Bewegungen zu sehen. Nicht flüchtig. Gelenkte Bewegu...

Das Spiegelkind

  „Das Spiegelkind“ 1. Der Umzug Es begann, als meine Familie in das alte Haus meiner verstorbenen Großtante zog – ein zweistöckiger Kasten aus grauem Stein, tief im Wald, weit entfernt von jeglicher Zivilisation. Meine Eltern sprachen nie über sie. Ich wusste nur, dass sie kinderlos war und allein lebte. Die Fenster des Hauses wirkten wie tote Augen, und sobald man den Flur betrat, roch es nach kaltem Metall und abgestandener Luft. Das unheimlichste aber war der Spiegel im oberen Flur . Er war alt, schwarz gerahmt, voller Flecken, die sich nicht abwischen ließen – als würde etwas von innen gegen das Glas tropfen. Ich mochte ihn nicht. Irgendetwas stimmte nicht mit seinem Spiegelbild. Es war nicht falsch… aber zu richtig . Wie ein Echo, das ein wenig zu lang braucht, um sich zu wiederholen. 2. Die erste Nacht In der ersten Nacht träumte ich vom Flur. Ich stand dort, vor dem Spiegel. Doch mein Spiegelbild bewegte sich nicht mit mir. Es lächelte nur. Breit. Verzerrt. Unnatürli...

Marraks Testament

  „Marraks Testament“ Drittes Fragment: Das Haus der Nägel Fundort: Verrottetes Gehöft nahe einer abgebrannten Psychiatrie. Acht Körper, sieben Tagebuchseiten, ein Band aus menschlicher Haut, darin mit Nadel und Darm geschrieben: Marraks Testament . Von Behörden als „unerklärlich“ eingestuft. Sämtliche Ermittler inzwischen suspendiert, traumatisiert oder vermisst. 📓 Seite 1: Willkommen in Haus 13 Wir sind acht. Wir waren acht. Jetzt sind wir… Fleisch, das kriecht. Man hat uns gesagt, wir nehmen an einem „psychologischen Grenzexperiment“ teil. Kein Internet. Kein Ausgang. Nur wir, Kameras, Aufgaben, Regeln. Und das Haus. Ein zahnendes, atmendes Haus. Es knarzt wie Gelenke, wenn es schläft. Es ächzt wie Gebeine beim Aufwachen. Und jede Nacht… flüstert es: „Füttere mich mit deinem Innersten.“ 📓 Seite 2: Die erste Aufgabe Der Bildschirm flackerte. Ein rotes Auge erschien. Kein Text. Nur eine Stimme: „Wähle einen. Er wird nichts mehr sagen dürfen.“ Jonas hat...

Tagebuch eines Verlorenen-Teil 2: Der neue Wirt

  TAGEBUCH EINES VERLORENEN – TEIL 2: Der neue Wirt Diese Seiten stammen aus einem zweiten Tagebuch, gefunden in einem verlassenen, von Insekten befallenen Krankenhausflügel. Die Seiten klebten zusammen, waren mit Blut, Fäkalien, und Substanzen getränkt, die niemand identifizieren konnte. Warnung: Extreme psychische Belastung möglich. Lese auf eigene Gefahr. 📓 3. Mai Ich habe seine Stimme geerbt. Nicht gehört. Geerbt. Sie kommt aus meinem Innersten, wie ein Parasit, der mein Zwerchfell reitet. Ich spreche, wenn ich nicht will. Ich schreibe, wenn ich eigentlich still sitze. Ich habe vorhin minutenlang auf meine Zunge gebissen. Sie ist aufgeschlitzt. Ich habe geschmeckt, wie das Kupfer meines Bluts mit meinem Speichel tanzt. Er sagte: „Blut ist Sprache. Schreibe damit.“ Ich schreibe. Und meine Finger sind nicht mehr meine. 📓 5. Mai Heute habe ich mir mit einer rostigen Rohrzange einen Fingernagel herausgezogen . Langsam. Ohne Betäubung. Es knackte, als die Wurz...

Tagebuch eines Verlorenen - Marrak will rein

  TAGEBUCH EINES VERLORENEN –              Marrak will rein Fundstücke aus einem zerstörten Tagebuch, gefunden unter den Dielen eines ausgebrannten Hauses. Die Seiten sind blutig, eingerissen, manche unlesbar. Die folgenden Einträge wurden rekonstruiert… 📓 24. März Ich weiß nicht, warum ich wieder anfange zu schreiben. Vielleicht, weil niemand zuhört. Vielleicht, weil ich hoffe, wenn ich das hier festhalte, bleibt es irgendwie außerhalb meines Körpers. Seit Tagen fühle ich mich... nicht richtig . Ich sehe mich im Spiegel und will schreien. Das bin nicht ich. Die Haut spannt sich falsch. Meine Hände zittern, obwohl ich still bin. Ich… glaube, ich werde krank. Aber nicht körperlich. Etwas ist falsch an meinem Inneren. 📓 28. März Die Stimme ist wieder da. Heute Nacht flüsterte sie direkt unter meinem Schädel. Es war kein Ton – eher ein Ziehen in meinem Innersten. Sie sagte: „Du bist der Käfig. Ich bin der Inhalt.“ Ich habe mei...